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Blog Recht VIII

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PFLICHTEN DER VERWALTUNG UND AUFGABEN DER REVISIONSSTELLE
Genossenschaften müssen grundsätzlich ihre Jahresrechnung durch eine unabhängige externe Revisionsstelle prüfen lassen. Der Umfang der Revision (ordentlich oder eingeschränkt) richtet sich nach Grösse und wirtschaftlicher Bedeutung der Genossenschaft. In Ausnahmefällen ist auch ein Verzicht auf die Revision (Opting-out) möglich.

Das Revisionsrecht knüpft an die Grösse und wirtschaftliche Bedeutung eines Unternehmens und nicht an seine Rechtsform an («same business, same risks, same rules»). Grundsätzlich sind alle juristischen Personen (AG, Kommandit-AG, GmbH, Genossenschaft, Verein, Stiftung) gesetzlich zur Revision verpflichtet. Die ausführlichen gesetzlichen Regelungen finden sich im Aktienrecht (Art. 727 ff. OR). Für die anderen Rechtsformen verweist das Gesetz auf die aktienrechtlichen Vorschriften und stellt vereinzelt Spezialbestimmungen auf. So sind für die Genossenschaft explizit «die Vorschriften des Aktienrechts entsprechend anwendbar» (Art. 906 Abs. 1 OR). Konkretisierend gilt zusätzlich das Revisionsaufsichtsgesetz (RAG), dass die Zulassung und Beaufsichtigung der externen Revisionsstellen regelt. Je nach Unternehmen sind schliesslich auch spezialgesetzliche Vorschriften zu beachten (beispielsweise bei Banken und Versicherungen).

 

Ordentliche Revision

Folgende Genossenschaften sind verpflichtet, ihre Jahresrechnung und gegebenenfalls Konzernrechnung ordentlich revidieren zu lassen (Art. 906 Abs. 1 i.V.m. Art. 727 Abs. 1 OR):

  • Publikumsgenossenschaften

  • Grosse Genossenschaften (gemessen an Bilanzsumme, Umsatz und Vollzeitstellen)

  • Genossenschaften mit Pflicht zur Erstellung einer Konzernrechnung

  • Genossenschafter, deren Genossenschafter dies verlangen
     

Als Publikumsgenossenschaften gelten Genossenschaften, die Beteiligungspapiere an einer Börse kotiert haben (wobei Partizipationskapital nur für Bankgenossenschaften zulässig ist), die Anleihensobligationen ausstehend haben, oder die mindestens 20 Prozent ihrer Aktiven oder ihres Umsatzes zur Konzernrechnung einer Gesellschaft beitragen, die Beteiligungspapiere an einer Börse kotiert oder Anleihensobligationen ausstehend hat.
 

Grosse Genossenschaften sind solche, die in zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren zwei der folgenden Schwellen überschreiten: 20 Millionen Franken Bilanzsumme, 40 Millionen Franken Umsatz und 250 Vollzeitstellen im Jahresdurchschnitt (20-40-250-Schwelle).
 

Zur Erstellung einer Konzernrechnung verpflichtet sind grundsätzlich Genossenschaften, die ein oder mehrere rechnungslegungspflichtige Unternehmen kontrollieren, indem sie direkt oder indirekt über die Stimmenmehrheit im obersten Organ verfügen, direkt oder indirekt das Recht haben, die Leitungs- und Verwaltungsorgane zu bestellen resp. abzuberufen oder aufgrund von Statuten, Verträgen und ähnlichen Instrumenten einen beherrschenden Einfluss ausüben können (Art. 963 Abs. 2 OR). Genossenschaften können unter bestimmten Voraussetzungen die Pflicht zur Erstellung einer Konzernrechnung an ein kontrolliertes Unternehmen übertragen (Art. 963 Abs. 4 OR). Gewisse Konzerne sind von der Pflicht zur Erstellung einer Konzernrechnung befreit (Art. 963a OR), namentlich kleine Konzerne unter der konsolidierten 20-40-250-Schwelle.
 

Auf Verlangen der Genossenschafter sind auch Genossenschaften, die nicht ordentlich revisionspflichtig sind, verpflichtet, eine ordentliche Revision durchzuführen. Eine ordentliche Revision können verlangen: 10 Prozent der Genossenschafter, Genossenschafter mit persönlicher Haftung oder Nachschusspflicht und Genossenschafter, die zusammen mindestens 10 Prozent des Anteilscheinkapitals vertreten (Art. 906 Abs. 2 OR).
 

Eingeschränkte Revision

Das Gesetz definiert die eingeschränkte Revision als Ausschluss der ordentlichen Revision (Art. 727a OR): Erfüllt die Genossenschaft die Voraussetzungen für eine ordentliche Revision (Publikumsgenossenschaft, grosse Genossenschaft, Konzernrechnungslegungspflicht, Verlangen der Genossenschafter) nicht, muss sie die Jahresrechnung lediglich eingeschränkt prüfen lassen. Die meisten Unternehmen unterliegen daher «bloss» der eingeschränkten Revisionspflicht, und die Revision ist weniger umfangreich und tiefgehend als die ordentliche (s. unten «Prüfungsumfang»).
 

Opting-out

Mit Zustimmung sämtlicher Genossenschafter kann auf die eingeschränkte Revision verzichtet werden (sog. Opting-out), sofern die Genossenschaft im Jahresdurchschnitt nicht mehr als zehn Vollzeitstellen hat (Art. 727a Abs. 2 i.V.m. Art. 906 Abs. 1 OR). Die Verwaltung muss das Opting-out dem Handelsregister unter Einreichung der notwendigen Unterlagen (Beschluss der Generalversammlung, KMU-Erklärung, gegebenenfalls Statuten, Jahresrechnung) zur Eintragung melden.

Trotz eines Opting-outs kann die Genossenschaft bei Bedarf selbstredend eine Revision der Jahresrechnung in Auftrag geben, die dann keine gesetzliche ist und daher nicht zwingend die gesetzlichen Erfordernisse erfüllen muss.
 

Revisionsstelle

Die Revisionsstelle wird als unübertragbares Befugnis in jedem Fall von der Generalversammlung gewählt und nötigenfalls abgewählt (Art. 879 Abs. 2 Ziff. 2 und Art. 890 Abs. 1 OR). Ihre Amtsdauer beträgt ein bis drei Jahre – je nach Statuten oder Beschluss der Generalversammlung. Die Wiederwahl der bisherigen Revisionsstelle ist möglich, es sei denn, die Statuten sähen etwas anderes vor (Art.730a Abs. 1 i.V.m. Art. 906 Abs. 1 OR). Fehlt die gesetzlich vorgeschriebene Revisionsstelle, liegt ein Organisationsmangel vor (Art. 731b und Art. 939 OR), d.h. die Genossenschaft wird in der Regel vom Handelsregisteramt (gegebenenfalls auf Antrag von Gläubigern oder Genossenschaftern vom Gericht) dazu aufgefordert, den Organisationsmangel innert einer bestimmten Frist zu beheben und durch die Generalversammlung eine Revisionsstelle wählen zu lassen. Unterlässt die Genossenschaft die Wahl, kann das Gericht eine Revisionsstelle ernennen oder auch die Liquidation der Genossenschaft anordnen.
 

Die Revisionsstelle muss unabhängig sein und sich ihr Prüfurteil objektiv bilden. Die Unabhängigkeit darf weder tatsächlich noch dem Anschein nach beeinträchtigt sein (Art. 728 Abs. 1 und Art. 729 Abs. 1 OR). Nicht unabhängig ist die Revisionsstelle beispielsweise, wenn sie Mitglied der Verwaltung oder der Geschäftsleitung der Genossenschaft ist, enge Beziehungen zu Entscheidungsträgern der Genossenschaft pflegt oder wirtschaftlich von der Genossenschaft abhängig ist (Art. 728 Abs. 2 OR). Die Anforderungen an die Unabhängigkeit der Revisionsstelle sind für die ordentliche Revision strenger als für die eingeschränkte. Bei der eingeschränkten Revision ist es zulässig, wenn die Revisionsstelle bei der Buchführung der Genossenschaft mitwirkt oder andere Dienstleistungen für die Genossenschaft erbringt. Allerdings muss organisatorische und personell sichergestellt werden, dass die Revisionsstelle nicht ihre eigenen Arbeiten überprüft (Art. 729 Abs. 2 OR).
 

Publikumsgenossenschaften und FINMA-beaufsichtigte Genossenschaften müssen als Revisionsstelle ein staatlich beaufsichtigtes Revisionsunternehmen nach Revisionsaufsichtsgesetz bezeichnen (Art. 727b Abs. 1 OR), d.h. die Revisionsstelle muss über eine besondere Zulassung der Revisionsaufsichtsbehörde verfügen und steht unter staatlicher Aufsicht (Art. 7 Abs. 1 RAG). Dazu muss sie die Voraussetzungen für die Zulassung als Revisionsexperte erfüllen, gewährleisten, dass sie die rechtlichen Pflichten einhält und ausreichend gegen Haftungsrisiken versichert sein (Art. 9 Abs. 1 RAG). Zudem gelten erweitere Vorschriften betreffend Unabhängigkeit der Revisionsstelle (Art. 11 RAG).
 

Die übrigen ordentlich revisionspflichtigen Genossenschaften müssen als Revisionsstelle einen zugelassenen Revisionsexperten nach Revisionsaufsichtsgesetz bezeichnen (Art. 727b Abs. 2 OR), d.h. die Revisionsstelle muss über eine entsprechende Zulassung der Revisionsaufsichtsbehörde verfügen. Dazu muss sie gewisse persönliche und fachliche Voraussetzungen erfüllen (Art. 4 RAG).
 

Für die eingeschränkte Revision muss die Revisionsstelle mindestens über eine Zulassung der Revisionsaufsichtsbehörde als Revisor verfügen (Art. 727c OR i.V.m. Art. 5 RAG).
 

Prüfungsumfang

Bei der ordentlichen Revision prüft die Revisionsstelle, ob die Jahresrechnung der Genossenschaft (Konzernrechnung) Gesetz, Statuten, Organisationsreglement und gewähltem Rechnungslegungsstandard entspricht, ob der Antrag der Verwaltung zur Verwendung des Bilanzgewinns Gesetz und Statuten entspricht und ob ein internes Kontrollsystem (IKS) existiert (Art. 728a Abs. 1 OR).

Die Revisionsstelle erstattet der Verwaltung schriftlich einen umfassenden Bericht mit Feststellungen über die Rechnungslegung, das IKS sowie über die Durchführung und das Ergebnis der Revision und der Generalsversammlung einen zusammenfassenden Bericht über das Ergebnis der Revision mit einer Stellungnahme zum Ergebnis der Prüfung, Angaben zur Unabhängigkeit, Angaben zur Person, welche die Revision geleitet hat und eine Empfehlung, ob die Jahresrechnung (Konzernrechnung) mit oder ohne Einschränkung zu genehmigen oder zurückzuweisen ist (Art. 728b Abs. 2 OR). Stellt die Revisionsstelle Verstösse gegen Gesetz, Statuten oder Organisationsreglement fest, meldet sie dies schriftlich der Verwaltung. Ergreift die Verwaltung keine angemessenen Massnahmen zur Behebung der Verstösse, informiert die Revisionsstelle zudem die Generalversammlung über Verstösse gegen Gesetz und Statuten. Eine Information der Generalversammlung erfolgt auch, wenn die festgestellten Verstösse gegen Gesetz und Statuten wesentlich sind (Art. 728c Abs. 2 OR).
 

Bei der eingeschränkten Revision prüft die Revisionsstelle nur, ob Sachverhalte vorliegen, aus denen zu schliessen ist, dass die Jahresrechnung und der Antrag der Verwaltung zur Verwendung des Bilanzgewinns nicht Gesetz und Statuten entsprechen. Die Prüfung beschränkt sich auf Befragungen, analytische Prüfungshandlungen und angemessene Detailprüfungen (Art. 729a OR).
 

Die Revisionsstelle erstattet der Generalversammlung schriftlich einen zusammenfassenden Bericht über das Ergebnis der Revision, der auf die eingeschränkte Natur der Revision hinweist, zum Ergebnis der Prüfung Stellung nimmt und Angaben zur Unabhängigkeit der Revisionsstelle sowie zur Person der Person, welche die Revision geleitet hat, enthält (Art. 729b Abs. 1 OR).
 

Für beide Revisionsarten gilt: Die Geschäftsführung der Verwaltung ist explizit nicht Gegenstand der Prüfung durch die Revisionsstelle (Art. 728a Abs. 3 und Art 729a Abs. 3 OR). Sodann ist die Revisionsstelle bei beiden Revisionsarten verpflichtet, das Gericht zu benachrichtigen, wenn die Genossenschaft offensichtlich überschuldet ist und die Verwaltung die erforderliche Konkursanzeige unterlässt (Art. 728c Abs. 3 und Art. 729c OR).

 

Pflichten der Verwaltung im Zusammenhang mit der Revision

Es liegt in der Verantwortung der Verwaltung, dass die Jahresrechnung rechtzeitig und entsprechend der gesetzlichen Vorschriften geprüft wird oder gegebenenfalls zu kontrollieren, ob die Voraussetzungen für ein Opting-out von der gesetzlichen Revision nach wie vor erfüllt sind. Der Revisionsbericht muss vorliegen, bevor die Generalversammlung die Jahresrechnung (Konzernrechnung) genehmigt und über die Verwendung des Bilanzgewinns beschliesst (Art. 731 Abs. 1) Liegt der Revisionsbericht nicht vor, sind die entsprechenden Beschlüsse der Generalversammlung nichtig (Art. 731 Abs. 2 OR), d.h. die Jahresrechnung gilt als nicht genehmigt und über die Verwendung des Bilanzgewinns konnte nicht beschlossen werden.
 

Die Verwaltung ist verpflichtet, der Revisionsstelle sämtliche Unterlagen zu übergeben und Auskünfte zu erteilen, die für die Erfüllung der Revisionsaufgabe erforderlich sind (Art. 730b Abs. 1 OR). Die Verwaltung kann die Übergabe der erforderlichen Dokumente und Erteilung der Auskünfte an die Geschäftsleitung resp. den CFO delegieren.
 

Im Weiteren muss die Verwaltung ihren Antrag zur Verwendung des Bilanzgewinns gesetzes- und statutenkonform formulieren und der Revisionsstelle zur Prüfung vorlegen. Sodann muss sichergestellt werden, dass bei der ordentlichen Revision die Revisionsstelle an der Generalversammlung anwesend ist, ansonsten ist der entsprechende Beschluss anfechtbar. Mit einstimmigem Beschluss kann die Generalversammlung aber auch bei der ordentlichen Revision auf die Anwesenheit der Revisionsstelle verzichten (Art. 731 Abs. 2 OR).
 

Schliesslich liegt es in der Verantwortung der Verwaltung sicherzustellen, dass die zur Wahl vorgeschlagene Revisionsstelle die gesetzlichen Anforderungen erfüllt und über die notwendige Zulassung der Revisionsaufsichtsbehörde als Revisor, Revisionsexperte, staatlich beaufsichtigtes Revisionsunternehmen oder als Prüfgesellschaft sowie leitender Prüfer zur Prüfung nach den Finanzmarktgesetzen (Art. 15 Abs. 1 RAG) verfügt. Die Revisionsaufsichtsbehörde RAB führt ein entsprechendes öffentliches Register (www.rab-asr.ch/#/publicregister).
 

Kapitalverlust und Überschuldung: Revisionspflicht auch bei Opting-out

Bei einem hälftigen Kapitalverlust oder bei begründeter Besorgnis der Überschuldung müssen auch Genossenschaften, die mit einem Opting-out gültig auf die eingeschränkte Revision verzichtet haben, einen zugelassenen Revisor ernennen und mit der Prüfung der Jahresrechnung resp. der Zwischenabschlüsse beauftragen (Art. 725a Abs.2 OR und Art. 725b Abs. 2 OR) oder mit der Bestätigung der Gesetzeskonformität der Aufwertung von Grundstücken und Beteiligungen (Art. 725c Abs. 2 OR).

Für die Ernennung der Revisionsstelle ist bei Opting-out-Fällen die Verwaltung zuständig (Art. 725a Abs. 2 und Art. 725b Abs. 2 OR). Sowohl die Verwaltung als auch die durch sie ernannte Revisionsstelle sind verpflichtet, mit der gebotenen Eile zu handeln (Art. 725a Abs. 4 und Art. 725b Abs. 6 OR). Die Unterlassung der Ernennung einer Revisionsstelle oder verspätetes Handeln stellen eine Pflichtverletzung dar und können zur Haftung der Verwaltung (und der Revisionsstelle) führen. Zudem sind Beschlüsse der Generalversammlung über die Genehmigung der Jahresrechnung und über die Gewinnverteilung ohne Vorliegen des vorgeschriebenen Revisionsberichts nichtig (Art. 731 Abs. 3 OR).

 

 

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