Ob die Mitglieder der Genossenschaftsverwaltung einen Anspruch auf Entschädigung haben oder nicht und gegebenenfalls in welcher Höhe, ergibt sich aus den jeweils getroffenen Regelungen. Sozialversicherungsrechtlich gilt die Entschädigung grundsätzlich als Einkommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit.
Die Verwaltung ist ein zwingendes Organ der Genossenschaft. Sie muss aus mindestens drei Personen bestehen, wobei die Mehrheit Genossenschafter oder Genossenschafterinnen sein müssen (Art. 894 Abs. 1 OR). Die Rechtsbeziehung zwischen den Mitgliedern der Genossenschaft und der Genossenschaft selbst ist in erster Linie eine organschaftliche. Sie kann bei Bedarf durch vertragliche Abmachungen ergänzt werden.
Das Genossenschaftsrecht enthält keine Bestimmungen über die Entschädigung der Mitglieder der Genossenschaftsverwaltung. Die Regelung (oder der Verzicht auf eine Regelung) unterliegt der Privatautonomie der involvierten Personen. Es steht den Genossenschaften rechtlich frei, ihre Verwaltungsmitglieder zu entschädigen oder nicht.
Aus dem Gesetz lässt sich kein Anspruch der Mitglieder der Genossenschaftsverwaltung auf Entschädigung ableiten. Ein allfälliger Rechtsanspruch kann sich ergeben aus genossenschaftsinternen Regelungen (z.B. Entschädigungsreglement oder auch einfacher Beschluss der Verwaltung) oder aus Verträgen der Genossenschaft mit den Mitgliedern der Verwaltung. Es besteht ebenfalls kein gesetzlicher Anspruch der Mitglieder der Verwaltung auf Ersatz ihrer Auslagen für die Genossenschaft (Spesenentschädigung).
Um klare Regeln zu schaffen und allfälligen Missverständnissen vorzubeugen, empfiehlt es sich, die Entschädigungsgrundsätze zu diskutieren und festzulegen, auch wenn auf Entschädigungen und Auslagenersatz verzichtet werden soll. Regelungen über die Entschädigung und Spesen werden häufig in einem Entschädigungs- und Spesenreglement getroffen, das die Grundzüge der Entschädigungen und Spesen sowie die Zuständigkeiten über deren Bestimmung festhält. Die Regelungen können aber beispielsweise auch in einem Mandatsvertrag vereinbart werden.
Die Festlegung der Höhe und der Ausgestaltung von Entschädigungen wird durch zahlreiche genossenschaftsinterne und -externe Faktoren beeinflusst, so dass es die rechtlich richtige oder rechtlich falsche Entschädigung kaum gibt. Folgende Faktoren und Überlegungen können unter anderem eine Rolle spielen:
Zweck der Genossenschaft
Status der Verwaltungsmitglieder (Genossenschafter/in oder unabhängige/r Dritte/r)
Zeitlicher Aufwand für die Verwaltungstätigkeit
Verantwortung der Genossenschaftsverwaltung
Anderweitige „Fringe Benefits“
Finanzielle Mittel der Genossenschaft
Entschädigung der Geschäftsleitung
Finanzielle Unabhängigkeit der Genossenschaftsverwaltung
Professionalität und Experten-Know-how
Markt- resp. Branchenvergleich
Wahrnehmung durch Stakeholder / Reputation
etc.
Die aktienrechtlichen Vorschriften über Vergütungen bei börsenkotierten Gesellschaften (Art. 732 ff. OR) gelten für Genossenschaften nicht. Sie sind daher insbesondere nicht verpflichtet, über die Entschädigungen Bericht zu erstatten oder die Generalversammlung darüber abstimmen zu lassen. Ebenso wenig sind die aktienrechtlich für börsenkotierte Gesellschaften unzulässigen Vergütungen (Art. 735c f. OR) für Genossenschaften rechtlich verbindlich. Aus Governance- und Reputationsüberlegungen sollten grosse Genossenschaften die aktienrechtlichen Vorschriften für ihre Regelungen dennoch zumindest in die Überlegungen miteinbeziehen.
Neben der Regelung der Entschädigung empfiehlt sich auch eine Spesenregelung und die Festlegung, ob der Ersatz pauschal oder nach effektiven Auslagen erfolgt, welche Auslagen in welcher Höhe zum Ersatz berechtigen oder was die Spesenentschädigung umfasst.
Sozialversicherungsrechtlich sind Entschädigungen an die Mitglieder der Genossenschaftsverwaltung (Tantiemen, Sitzungsgelder, Honorar etc.) grundsätzlich massgebender Lohn und damit Einkommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit (Art. 7 Abs. 1 lit. h AHVV).
Auf geringfügigen Löhnen (max. 2'300 Franken pro Jahr) und nach Erreichen des Rentenalters auf Löhnen unter dem Freibetrag (max. 16'800 Franken pro Jahr) müssen keine Sozialversicherungsbeiträge abgerechnet werden. Übersteigt die Entschädigung der Mitglieder der Genossenschaftsverwaltung diese Schwellen, muss die Genossenschaft auf den Entschädigungen die gesetzlichen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge abrechnen und leisten.
Die Entschädigung der Mitglieder der Verwaltung darf nur dann als Honorar (selbständige Erwerbstätigkeit) der entsprechenden Person behandelt werden, wenn kumulativ folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
1. Das Verwaltungsmitglied ist Arbeitnehmer/in bei einem Dritten.
2. Das Verwaltungsmitglied vertritt seine Arbeitgeberin in der Genossenschaftsverwaltung.
3. Die Entschädigung wird direkt der Arbeitgeberin in der Schweiz ausgerichtet.
Das Verwaltungsmitglied vertritt seine Arbeitgeberin nur dann in der Genossenschaftsverwaltung, wenn es als Vertreter der Arbeitgeberin als juristische Person Einsitz in die Verwaltung nimmt.
Steuerrechtlich unterliegt die Entschädigung beim Mitglied der Genossenschaftsverwaltung in der Regel der Einkommenssteuer. Honorar, das an die Arbeitgeberin bezahlt wird, unterliegt gegebenenfalls der Mehrwertsteuer. Spesen sind grundsätzlich steuerfrei, allerdings legen die Steuerbehörden gerade bei Pauschalspesen regelmässig Maximalbeträge fest, die steuerrechtlich noch als Spesen akzeptiert werden. Unter Umständen macht es Sinn, wenn die Genossenschaft ihr Spesenreglement von der Steuerbehörde genehmigen lässt und so sicherstellt, dass die dort genehmigten Spesen als solche akzeptiert werden und beim Mitglied der Verwaltung nicht als Einkommen aufgerechnet werden.
Und schliesslich ist zu beachten, dass Personen, die nebenberuflich als Mitglied der Genossenschaftsverwaltung tätig sind und im Hauptberuf einer Pensionskasse angeschlossen oder selbständig erwerbstätig sind, für die Verwaltungsentschädigung nicht dem BVG-Obligatorium unterstehen (Art. 1j BVV2). Das heisst, dass die Entschädigung des Mitglieds der Genossenschaftsverwaltung nicht obligatorisch BVG-versichert ist.